Man erinnert sich noch gut an Delphine in der Lagune von Venedig im Frühling 2020: die Natur hat während des ersten, coronabedingten Lockdowns aufgeatmet. Allerdings nur kurz, und die positiven Effekte der Verkehrsberuhigung waren bald wieder verpufft. Sollten wir dem Planeten zuliebe Lockdowns öfter einsetzen? Klimaökonom Karl Steininger beantwortet diese Frage so:
"Das Klima braucht keinen Lockdown. Das Klima braucht vielmehr ein Aufsperren - und unserer Kreativität, denn wir müssen die Zukunft gemeinsam in Richtung eines bewussten Umbaus unserer Lebens- und Arbeitsgewohnheiten gestalten. Warum? Am 7. April 2020 - das war der Tag, an dem weltweit die meisten Gebiete im ersten Lockdown waren, von China bis zu den USA - gab es global gerade einmal 17 Prozent weniger CO2-Emissionen. Obwohl praktisch keine Flugzeuge am Himmel, Verkehr und Industrieproduktion extrem reduziert waren, war die Einsparung nicht größer.
Das bedeutet: Wir haben ein hohes Niveau an strukturellen Grundemissionen. Um diese auf Netto-Null zu senken, gilt es, umzubauen. Drei Beispiele: Den Material- und Energiedurchsatz können wir senken durch Sharing-Modelle für Autos bis Werkzeuge. Im Neubau können wir durch kluge Schalung bei Zwischendecken bis zu 70 Prozent Beton einsparen, die CO2-Emissionen als Rohstoff in der Pharmaindustrie verwenden. Unsere Zukunft zu gestalten, braucht also kein Zu-, sondern ein Aufsperren unseres Hausverstands, und ja, ein Ausbrechen aus Gewohntem."