Twitter und Facebook sperren den Account des US-Präsidenten. YouTube löscht das Video eines FPÖ-Politikers. Soziale Medien greifen ein, wenn es sich um die vielzitierten Fake News geht. Was lange eingefordert wurde, passiert nun. Zu Recht? Verfassungsjurist Christoph Bezemek bezweifelt das. Er stellt die Frage, ob mit dem Eingriff nicht gegen das Recht der freien Meinungsäußerung verstoßen wird?
„Der Staat muss dafür sorgen, dass freie Meinungsäußerung in einer demokratischen Gesellschaft gewährleistet wird“, erinnert Bezemek an das Grundrecht. Das bindet jedoch nicht die Social Media-Plattformen. Sie unterliegen dem Privatrecht und regeln in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen, welche Inhalte sie veröffentlichen oder entfernen. Der Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz zitiert den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser lege den Schluss nahe, dass im Zuge von Pflichten und Verantwortung die Rechtsordnung privater Unternehmen müsse so gestaltet werden, Meinungsfreiheit zu ermöglichen. „Das könnte aufgrund ihrer besonderen Meinungsmacht auch für soziale Medien gelten“, meint Christoph Bezemek. Es sei nicht länger der Staat, der hinsichtlich Datenschutz und freier Meinungsäußerung das zentrale Problem darstellt, sondern vielmehr große Konzerne. Bezemek: „Die Rechtsprechung hinkt hier nach, sie orientiert sich noch zu sehr an der analogen Welt.“