Seit Mitte März und noch bis Ende Juni 2020 findet die Lehre an der Universität Graz aufgrund der Corona-Krise online statt. Lehrende und Studierende haben den schnellen Umstieg auf Fernlehre bestmöglich gemeistert - durch persönliche Flexibilität und Kreativität sowie dank der tatkräftigen Unterstützung durch die uniIT sowie durch das Zentrum für Digitales Lehren und Lernen. Eine erste Bilanz ziehen die sechs Fakultäten der Universität Graz wie folgt:
Geisteswissenschaftliche Fakultät
Bereits stattgefunden haben zwei Rigorosen sowie zehn Diplom- bzw. Masterprüfungen (Lehramt und Geisteswissenschaften), bis Ende April sind noch zwei weitere Rigorosen und 29 Diplom- bzw. Masterprüfungen geplant. Für die Großprüfungen mit 200 bis maximal 300 KandidatInnen ist die Ausarbeitung von Prüfungsformaten in vollem Gange: Open book exams und Multiple Choice-Varianten sind für diese Großprüfungen angedacht. Für Studierende, die dringend einen Bedarf anmelden, werden nach Möglichkeit auch individuelle mündliche Einzelprüfungen via Skype4Business angeboten.
Skype4Business kommt auch im Bereich der Sprachkurse im Zuge von mündlichen zum Einsatz. Positives Feedback seitens der Studierenden gibt es für Sprachkurse, Seminare und Proseminare mit bis zu 25 TeilnehmerInnen in Online-Anwesenheit. Als technische Basis wird die Lernplattform Moodle verwendet. Dort werden Arbeitsaufträge an die Studierenden bewertet, wodurch der prüfungsimmanente Charakter der Lehrveranstaltungen weitgehend erhalten bleibt. Hier werden Lernvideos, Leseaufgaben, Power-Points mit Voice-Over sowie Chats und Diskussionsforen eingesetzt.
Katholisch-Theologische Fakultät
Es gab bisher zwei Rigorosen, im April sind alle kommissionellen Master- und Diplomprüfungen als Prüfungen via Skype4Business geplant. Ab Mitte April wird eine Reihe von Vorlesungsprüfungen über Skype4Business abgewickelt. An der Katholisch-Theologischen Fakultät wurde auch bisher vielfach mündlich geprüft, was nun samt und sonders über dieses Tool läuft. Für schriftliche Prüfungen wird nach Ostern auf „Open Book Prüfungen“ via Moodle zurückgegriffen. Beispielsweise findet die VU „Logik und Erkenntnistheorie“ von Reinhold Esterbauer mit 18 TeilnehmerInnen seit Beginn der Ausnahmesituation wöchentlich über Skype4Business statt. Besonders hervorzuheben ist die große Zahl von e-Books und e-Journals: Die Studierenden gewöhnen sich immer besser daran, digitale Publikationen zu benutzen. Auf der laufend aktualisierten Fakultätswebsite gibt es alle Infos für Studierende: https://theol.uni-graz.at/de/fakultaet
Naturwissenschaftliche Fakultät
Im Bereich der Naturwissenschaften ist der Umgang mit Lehrveranstaltungen, die in Praxisteilen zwingend Präsenz beinhalten, wie zum Beispiel Labors und Exkursionen, die größte Herausforderung. Alle Präsenzveranstaltungen werden gerade intensiv und teilweise mit viel Kreativität derart angepasst, dass – wenn immer möglich – von zuhause vor- und nachbereitet werden kann. Für die später im Jahr stattfindenden Präsenzteile werden die Gruppen verkleinert und die Kursanzahl erhöht, damit der gebotene Sicherheitsabstand immer eingehalten werden kann.
Dass Fernlehre gut funktionieren kann, zeigt das Beispiel einer großen Lehrveranstaltung mit mehreren hundert Studierenden aus der Psychologie: Hier werden verschiedene Lehr-Elemente angewandt – ein Mix, der sich in der Wissenschaft als wirksam erwiesen hat und auch von den Studierenden sehr positiv angenommen wird.
Zum Selbststudium werden ausgewählte Lehrtexte inklusive genaue Lernanleitungen bereitgestellt. Für die laufende Überprüfung des Lernfortschritts gibt es eine umfangreiche Aufgabensammlung, die auch der unmittelbaren Prüfungsvorbereitung dient. Diese Aufgaben können kapitelweise parallel zum virtuellen Vorlesungsbesuch erledigt und durch individuelle Beratung vertieft werden. Daneben stellen die LeiterInnen der Lehrveranstaltungen weitere Anleitungen und vor allem Feedback zur Aufgabenerledigung auf elektronischem Wege via Moodle zur Verfügung.
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Kurse, Seminare und teilweise auch große Vorlesungen mit bis zu 200 TeilnehmerInnen wurden bereits vor den Osterferien online abgehalten. Für den Rest des Sommersemesters wird diese Vorgangsweise ausgebaut.
Die Vorlesung „Rechtstheorie und juristische Methodenlehre“ wird beispielsweise als Live-Stream abgehalten, wobei Videobild und Präsentation nebeneinander sichtbar sind. Die rund 180 TeilnehmerInnen haben die Möglichkeit, Fragen im Chat zu stellen, die dann sofort beantwortet werden. Zur interaktiven Gestaltung werden kleine Umfragen eingestreut. Die Rückmeldungen der Studierenden sind bisher überwältigend positiv. Schriftliche Online-Prüfungen werden über Perception von Questionmark abgehalten. Allein bis Juni gibt es 65 Prüfungstermine, vier weitere schriftliche Online-Fachprüfungstermine im Juli sind bereits geplant.
Aktuell wird außerdem intensiv an einem Konzept für „Take Home Exams“ gearbeitet. Ziel dieses innovativen Projektes ist es, allen Studierenden ein Absolvieren der für dieses Semester geplanten großen Fachprüfungen zu ermöglichen - siehe Informationsseite www.epruef.at.
Folgende Bilanz zieht die Fakultät hinsichtlich Lehrveranstaltungs-Prüfungen: Neun Kursabschüsse, 47 Seminarabschlüsse sowie sieben Vorlesungs-Abschlüsse; auf mündlichem Weg (Skype4Business) haben bisher insgesamt 27 Prüfungen stattgefunden, zudem gab es sieben Rigorosen und fünf Verteidigungen. Insgesamt wurden seit Beginn des Umstiegs auf Fernlehre 20 Studienabschlüsse für das Diplomstudium Jus durchgeführt, zehn Studierende haben in dieser Zeit das Doktoratsstudium Rechtswissenschaften beendet.
Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
An der Fakultät gibt es rund 800 Lehrveranstaltungen: Neben den 39 Vorlesungen sind ungefähr 150 Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht zu besuchen. Dabei sind 10.000 bis 15.000 Prüfungen zu erwarten, die online durchgeführt werden. Davon dürften etwa 1.000 bis 2.000 bereits stattgefunden haben. In den 600 kleineren Lehrveranstaltungen sind weitere 12.000 Online-Prüfungsakte zu erwarten.
Für die Fachprüfungswoche im Mai rechnet man mit rund 250 mündliche Prüfungen inklusive Rigorosen, zusätzlich dazu mit rund 100 mündliche Vorlesungsprüfungen. Diese Prüfungen werden via Skype4Business durchgeführt. Der Umstieg auf Fernlehre hat insgesamt sehr gut geklappt, Erfahrungen und Tipps können Lehrende in einem eigens geschaffenen, internen Kommunikationstool austauschen.
Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht sind durchgängig gut besucht, d.h. die zur Verfügung gestellten Materialien über Moodle, wie z.B. vertonte Folien, Screencasts, Videos, Diskussionsforen etc., werden von den Studierenden gut angenommen und verwendet.
Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftliche Fakultät
Die Fernlehre findet großteils über Skype4Business statt. So wird beispielsweise in der Lehrveranstaltung Allgemeine Pädagogik das „Service Learning“-Prinzip angewandt: Studierenden wird dabei über Moodle wissenschaftliche Literatur angeboten und sie können selbst entscheiden, in welche Teilgebiete sie sich vertiefen wollen. Bei kleineren Prüfungen ist es geplant, Moodle bzw. „Open Book“ zu verwenden. In Fällen, in denen Studierende rasch eine Prüfung benötigen, wird mündlich geprüft, es werden auch Masterprüfungen via Skype4Business durchgeführt.
Am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel hat auch bereits eine Masterprüfung stattgefunden, dazu kommen laufend Vorlesungsprüfungen. Alle Lehrveranstaltungen werden in Fernlehre abgehalten, TeilnehmerInnenzahlen schwanken hier zwischen 15 und 60 oder mehr. Als Modus werden Screencasts aufgezeichnet, es gibt außerdem ein Online-Forum für Fragen von Studierenden zur Vorlesung.
Am Institut für Sportwissenschaft wurden bisher drei Diplom-/Masterprüfungen online abgehalten. Für die Lehrveranstaltungen gibt es unterschiedliche Konzepte, zum Beispiel einen „Orientierungslauf“ mit einer Dreiteilung: theoretische Arbeitsaufträge, praktische Selbstaktivitäten sowie für Juli geplante praktische Einheiten und Prüfungsläufe.
Am Institut für Pädagogische Professionalisierung laufen Vorlesungen und Seminare
mit bis zu 25 TeilnehmerInnen, die so interaktiv wie möglich gestaltet werden. Kommuniziert wird wiederkehrend in vier- bis achtminütigen Videos. In den einzelnen Formaten gibt es Fokusgruppen und Arbeitsaufträge über alle Lehrveranstaltungen, die laut Studierenden-Rückmeldung genauso intensiv wie in Präsenz sind. Materialien werden zum Beispiel als Präsentationen, Videos oder e-Books zur Verfügung gestellt. Es gibt außerdem Pläne zu Vorlesungsprüfungen in mehreren Durchgängen, vor allem bei größeren Vorlesungen mit bis zu knapp 500 Studierenden.