Anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus am 21. März präsentierten die AutorInnen der Studie "Lebenssituation von 'Schwarzen' in urbanen Zentren Österreichs. Bestandsaufnahme und Implikationen für nationale, regionale und lokale Menschenrechtspolitiken", Simone Philipp und Klaus Starl, an der Universität Graz ihre Ergebnisse und diskutierten diese mit VerantwortungsträgerInnen aus Politik, Justiz und Polizei.
Die Studie veranschaulichte die teils alarmierende Situation von "Schwarzen" in den Bereichen Zugang zu Recht und Gesundheit, Arbeit und öffentlicher Raum auf. Landesrätin Bettina Vollath, die Landtagsabgeordneten Eduard Hamedl und Bernhard Ederer, Richterin Caroline List (OLG Graz), Oberst Benno Kleinferchner (Stadtpolizeikommando Graz) und Werner Anzenberger (AK Steiermark) diskutierten mit dem Geschäftsführer des MigrantInnenbeirats, Godswill Eyawo, und den beiden AutorInnen notwendige Schritte und Maßnahmen.
Die Studie
Die Umfrage mittels Fragebogen in den Städten Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck erfolgte zwischen März und Oktober 2012. 717 Personen wurden befragt. Untersucht wurde die Wahrnehmung der vier Lebensbereiche Recht, Gesundheit, Arbeit und öffentlicher Raum durch die Zielpersonen Menschen mit schwarzer Hautfarbe mit Lebensmittelpunkt in Österreich. Die Bewertung der Aussagen erfolgte durch Analyse, ob in der Wahrnehmung der befragten Personen Beschränkungen, Benachteiligungen, Ausschlüsse oder Unterscheidungen aufgrund der Hautfarbe in der Ausübung von Grundrechten im Sinne der Legaldefinition des internationalen Verbots rassistischer Diskriminierung vorliegen. Die Studie wurde vom Zukunftsfonds Österreich, der Integrationsplattform des Landes Steiermark, der Stadt Graz, der Universität Graz sowie vom ETC Graz finanziert.
Die Ergebnisse…
… im Bereich Recht
Ein Drittel der Befragten gibt an, bei Behörden respektlos behandelt worden zu sein. Ein Viertel der InterviewpartnerInnen gibt mangelndes Vertrauen als Grund dafür an, sich über respektloses Verhalten nicht beschwert zu haben. 70 Prozent der Befragten glauben nicht an die Gleichheit von Schwarzen im österreichischen Rechtssystem. Dabei sind diese Wahrnehmungen vom sozialen Status der befragten Personen abhängig. Schwarze Menschen, die noch nie mit dem österreichischen Rechtssystem in Kontakt gekommen sind, glauben eher an eine Gleichbehandlung vor Behörden und Gerichten.
… im Bereich Gesundheit
Bei der Inanspruchnahme von und im Zugang zu Gesundheitsleistungen fühlen sich die Befragten weniger stark diskriminiert. 25 Prozent der Befragten gaben an, es gebe Verständigungsschwierigkeiten und knapp 15 Prozent, sich nicht ernst genommen gefühlt zu haben. 16 Prozent der Befragten fühlten sich respektlos behandelt, knapp 8 Prozent gaben an, zumindest einmal in den letzten 12 Monaten eine rassistische Äußerung vernommen zu haben. Ein Drittel der Befragten glaubt nicht an eine gleich gute medizinische Versorgung von Schwarzen bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen.
… im Bereich Arbeit
Die Arbeitslosigkeit liegt unter den Befragten bei knapp 20 Prozent. Die Vermittlungsquote durch das AMS ist mit 19 Prozent sehr niedrig. 50 Prozent der Personen gaben an, unter ihrer Qualifikation beschäftigt zu sein. Ein Drittel der befragten Personen gab an, von Vorgesetzten in den letzten drei Jahren mindestens ein Mal benachteiligt worden zu sein. 40 Prozent der Befragten wurden mindestens ein Mal rassistisch diskriminiert, 70 Prozent davon von KollegInnen am Arbeitsplatz. 19 Prozent gaben an, auch rassistische Übergriffe erlebt zu haben, auch hier in überwiegender Mehrheit durch KollegInnen.
… im Bereich öffentlicher Raum
52 Prozent der Befragten gaben an, in den letzten 12 Monaten zumindest ein Mal in öffentlichen Verkehrsmitteln und 47 Prozent auf offener Straße rassistisch belästigt worden zu sein. 57 Prozent der schwarzen Menschen wurden im letzten Jahr von der Polizei angehalten und mussten sich ausweisen. Nahezu die Hälfte davon hatte den Eindruck, die Amtshandlung wäre nicht korrekt verlaufen. 62 Prozent der Befragten geben an, als Schwarze von der Mehrheitsbevölkerung als fremd wahrgenommen zu werden. 76 Prozent hiervon empfinden diese Situation als belastend.
Empfehlungen der StudienautorInnen (Auszug)
• Rassismus, wie er in der Bevölkerung und in den Bereichen des zivilen Lebens festgestellt wird, muss mit politischen Maßnahmen bekämpft werden.
• Vertrauensbildende Maßnahmen, Öffentlichkeitsarbeit und Schulungen sind in allen untersuchten Bereichen erforderlich.
• Verhältnismäßige und angemessene Monitoringmaßnahmen in Justiz und Behörden werden empfohlen.
• Der Ausbau von Begleit- und Dolmetschdiensten im Gesundheitswesen wird empfohlen.
• Der Abbau von Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt ist zu empfehlen.
• Rassistische Diskriminierungen in der Arbeitswelt müssen aktiv bekämpft werden.