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Gesichter des Streiks

Wednesday, 20 May 2015, Forschen, Universität, presse

Jung-ForscherInnen untersuchen visuelle Dimensionen des Protests in Südosteuropa

Seit dem von der EU verordneten Sparprogramm spiegelt sich die Unzufriedenheit der griechischen Bevölkerung nahezu täglich auf der Straße wider: Heftige Proteste finden ein Ventil in Streiks oder landesweiten Demonstrationen. Unverzichtbar dabei: Poster, Transparente und Plakate, die nicht nur Botschaften auf den Punkt bringen, sondern durch kreative und eindringliche Bilder auch Unbeteiligte ansprechen und mobilisieren sollen. Wie sich diese Politisierung über visuelle Medien im Alltag vollzieht, untersucht der Sozial- und Medienwissenschafter Angelos Evangelinidis. Er dissertiert im Rahmen eines „DocTeams“ an der Karl-Franzens-Universität Graz. Das Besondere an dem international vernetzten Forschungsverbund: Drei NachwuchswissenschafterInnen aus verschiedenen Ländern untersuchen unterschiedliche  Facetten ein und desselben Themas: der visuellen Seite des Protests in Südosteuropa. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) fördert das Doc Team mit einem dreijährigen Stipendium, das mit 37.000 Euro pro Jahr dotiert ist.

 


Evangelinidis zieht in seiner Doktorarbeit Vergleiche zu politischen Plakaten im Griechenland der Nuller-Jahre und konzentriert sich in seiner Analyse auf das Athener Studierendenviertel und Szenetreffpunkt Exarchia. „In diesem Teil der Stadt ist die Politik Diskussionsgegenstand Nummer eins“, weiß der Forscher. Welche visuellen Techniken – zum Beispiel Plakate, Graffiti oder Straßenkunst – ineinander greifen, um eine kollektive Identität der AktivistInnen aufzubauen, wird er anhand ausgewählter Beispiele untersuchen. Auch kritisch-oppositionelle Praktiken werden durch den geschickten Einsatz von Postern gestärkt, weiß Evangelinidis: „Das klassische, amerikanische Plakat mit dem Zitat 'We can do it' aus dem Jahr 1943 wird heute im griechischen Protestrahmen von Basis-Gewerkschaften genutzt – sie wollen damit ihrem Widerstand gegen die Öffnung von Geschäften am Sonntag Ausdruck verleihen.“

 


Der Athener Hintergrund ist nur eines von drei Beispielen, an denen das DocTeam die visuelle Protestkultur in Südosteuropa analysieren will. Neben Angelos Evangelinidis untersuchen seine KollegInnen David Brown und Marija Martinovic umstrittene öffentliche Aktionen von Fußball-Fans in Bosnien-Herzegowina und Slowenien sowie Video-Aktivismus in der Belgrader Frauenbewegung. Die NachwuchswissenschafterInnen dissertieren alle an der Uni Graz. Die Koordinatorin des Doc Teams, Dr. Marion Hamm, unterstreicht die Bedeutung des Forschungsvorhabens: „Ob Poster, Menschenkette oder öffentliche Performance: Visuelle Ausdrucksformen sind aus Protestbewegungen nicht wegzudenken. Eine systematische kulturwissenschaftliche Untersuchung dieser visuellen Aspekte von Demonstrationen stand aber bislang noch aus. Diese Lücke füllt jetzt das DocTeam, das weltweit mit namhaften ExpertInnen kooperiert.“

 

Das Projekt mit dem Titel „Contentious Images – Unruly Practices, An Ethnography of Visual Protest Repertoires in Southeastern Europe“ entstand aus dem interdisziplinären Doktoratsprogramm „Visuelle Kultur“ an der Uni Graz und ist in den gesamtuniversitären Schwerpunkt „Südosteuropa“ der Karl-Franzens-Universität eingebunden.

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